Teekanne – Kyusu von NARIEDA [KY-J-SY11K Jahr 2011]

Teekanne – Kyusu von NARIEDA [KY-J-SY11K Jahr 2011]

 

Eine erste Besonderheit dieser Kyusu ist der nicht, wie sonst üblich, seitlich angebrachte Einhandgriff, sondern der hier zentriert angelegte Henkel. Er ist aus einem Stück geformt, weist deutliche Längskerbungen auf, die von insgsamt zwei dazu senkrecht verlaufenden wiederum unterbrochen sind und besitzt eine weiche und gleichmäßig geschwungene Form. Der Grundkörper dieser Kyusu ist bauchig und geht an der Frontseite in den aufgesetzten und ebenso bauchigen Ausguss über. Der Sockel ist ganz zurückhaltend – gleichermaßen das Köpfchen des Kannendeckels, das relativ klein und damit dezent gehalten wurde. Eine zweite ausgesprochene Besonderheit dieser Kyusu ist die von feurigem Temperament geprägte, rote bis nahezu fuchsiafarbene Überlaufglasur. Sie ist – wie alle Glasuren von Meister NARIEDA – von ihm eigens entwickelt und zubereitet worden und mit handwerklicher Kunstfertigkeit leichtfüßig aufgetragen. Die stark avantgardistischen Züge dieser Glasur treten insbesondere durch die ins Auge springende Zufälligkeit der Verläufe sowie durch den Farbton an sich hervor. Der Betrachter wird wieder daran erinnert, wie die heißen Flammen des Brennofens den Ton erst zu dem machten, was er im Ergebnis wurde. Außerdem noch greift die geradezu schwung- und dadurch reizvolle Ornamentik dies auf, indem sie wenig aufdringlich aber umso eindringlicher das Äußere bestimmt, um dieses Objekt letztlich zu einem wahren und unnachahmlichen Kunstwerk zu machen. Die Kyusu besitzt im Innern ein von Hand gearbeitetes Keramiksieb, das die aufgedunsenen Teeblätter beim Aufguss zurückhalten soll und weist am Sockel das Siegel des Töpfers auf. Um das beste Aroma der japanischen Tees erleben zu können, empfiehlt sich die Zubereitung mit solch einer japanischen Einhand-Teekanne. Da eine zu große Kanne den Geschmack des Tees leicht verdirbt, sind die japanischen Teekannen relativ kleine, zwischen 0,08 Litern bis zu ca. 0,3 Litern. Keramik-Siebe sind vom Herstellungsprozess für den Töpfer recht aufwendig, da ein gutes Keramik-Sieb sehr viele kleine Löcher hat und leicht nach innen gewölbt ist. Bei dieser Einhand-Teekanne ist das Sieb so optimal eingepasst und einwandfrei gearbeitet, dass sich die Teeblätter so gut wie nicht in den Löchern oder am Rand selbiger verfangen können. Bei schlechter gearbeiteten Sieben ist der Rand der Löcher oftmals rauh, wodurch sich die Teeblätter häufig festsetzen und die Teekanne somit schlecht zu reinigen ist. Teekannen mit Keramik-Sieben sind die traditionellste Art, japanischen Blatt-Tee zuzubereiten und verleihen ihm eine viel weichere Note als Metallsiebe.

NARIEDA Shinichiro – Person und Werkraum

NARIEDA wurde am 19. März 1950 in Kirishima im Süden Japans geboren. NARIEDA findet seine Inspiration in der einzigartigen Vulkanlandschaft der Gebirgsregion Kirishima. Die kahle Mondlandschaft der höher gelegenen Vulkankrater ist vom Garten des Künstlers aus zu sehen, der an einem kleinen Bach liegt. Sein Garten ist sowohl Rückzugsort als auch eine weitere Quelle der Inspiration für NARIEDA. Dort betrachtet NARIEDA die Farben der Blüten, er nimmt deren Duft wahr, hört das Plätschern des Baches, das Geräusch des Windes, und den Blick auf die Vulkankrater.

NARIEDA Shinichiro in seinem Atelier 2010

Seine Keramiken spiegeln all dies wider. Sie bilden auch einen Kontrast – in Farben und Stimmung – zwischen der grünen Natur mit den schillernden, bunten Blumen und den kahlen, grauen Vulkankratern, die sich über der Landschaft von Kirishima erheben. Inspiration aus der Natur zu schöpfen ist das Schlüsselwort bei NARIEDA – nicht die Tradition von bestimmten Stilen, die viele andere japanische Künstler im Fokus haben. Seine Arbeiten haben daher kaum Gemeinsamkeiten mit den Stilrichtungen anderer Künstler. Die Keramik-Tradition der Region Kirishima scheint nur einen marginalen Einfluss auf die Arbeiten von NARIEDA zu haben. Es ist daher nicht verwunderlich, dass die Werke dieses autodidaktischen Künstlers unvergleichbare Kunstwerke sind. Ohne dass er sich darum im Speziellen bemühe müsste, gelingt ihm so ein anderes Arbeiten als das der anderen Künstler. Der Ansatz des Keramikers ein anderer ist: Es ist die individuelle Art von NARIEDA Shinichiro seine Umgebung Kirishima wahrzunehmen und zu reflektieren.

NARIEDA Shinichiro 2018